VKB-Ersatz mit Patellarsehne

Diskussion und Verweise auf die Literatur


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Metallische und bioresorbierbare Interferenzschrauben

Der Einsatz von metallischen Interferenzschrauben für die Verankerung des Patellarsehnen-Transplantates bei Operationen zur Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes ist weltweit verbreitet (Kurosaka). Die direkte Verankerung der Knochenzapfen mittels Interferenzschrauben ist stabil, lässt sich arthroskopisch gut durchführen und fördert durch Kompression des Knochenzapfens das schnelle Einwachsen im Knochentunnel. Jedoch werden permanent implantierten Metall-Teilen langfristig Nebenwirkungen nachgesagt (Black).

Um mögliche Empfindlichkeitsreaktionen auf Metall zu vermeiden, wurden in der letzten Zeit von verschiedenen Firmen bioresorbierbare Implantate entwickelt (Acufex, Arthrex, Depuy, Linvatec, Physis, Instrument Makar, SYNOS). Ausserdem kann mit dem Einsatz von bioresorbierbaren Materialien auf eine mögliche Zweitoperation zur Metallentfernung verzichtet werden, postoperativ können ungestörte Röntgenuntersuchungen durchgeführt werden (Shellock). Langfristig können im Knochen keine ungünstigen Stress-Konzentrationen entstehen, welche oft in Folge von Metall-Implantaten auftreten. Bioresorbierbare Schrauben müssen eine gleichstarke Primärverankerung wie Metallschrauben bieten, sich mit der Zeit aber von selber auflösen und durch Knochenmaterial ersetzt werden.

Praktische Erfahrung

Seit 1992 wurden in mehr als 300 Kreuzband-Operationen bioresorbierbare Schrauben eingesetzt. Bis heute sind bei keinem Patienten Material-Unverträglichkeitsreaktionen oder Probleme der Verankerung aufgetreten. MRI-Bilder zeigen eine je nach Schraubenmaterial unterschiedlich lange Auflösungszeiten der Schrauben und ein ungestörtes Einwachsen der Knochenzapfen (Stahelin).

Die mechanischen Anforderungen an eine Interferenzschraube

Obwohl Metall an sich höhere Festigkeitswerte erreicht als bioresorbierbares Material, ist es nicht überraschend, dass die beiden Materialien bei einem Einsatz als Interferenzschrauben in bezug auf die Festigkeit der Verankerung gleichwertig sind (Kousa). Bei der operativen Behandlung von Brüchen, wird die Schraube mehr oder weniger im rechten Winkel zum Frakturspalt eingebracht und zieht so das eine Fragment gegen das Andere (Prinzip der interfragmentären Kompression durch eine Zugschraube). Die volle Zugkraft lastet auf dem geringen Querschnitt der Schraube. Für diesen Einsatz ist verständlicherweise eine Schraube aus Metall wegen ihrer höheren Zerreissfestigkeit wesentlich besser geeignet als eine Schraube aus bioresorbierbarem Material.

Auf Interferenzschrauben wirken ganz andere Kräfte als auf Zugschrauben. Interferenzschrauben werden parallel der Oberfläche zweier verschiedener Materialien eingebracht. Die Interferenzschraube wird zwischen Knochenzapfen und Tunnelwand eingeschraubt, um so den Zapfen gegen Zugkräfte zu sichern. In diesem Fall konzentrieren sich die Kräfte nicht auf den kleinen Durchschnitt der Schraube, sondern verteilen sich entlang der ganzen Schraube. Es genügt, dass das Schraubenmaterial eine ähnlich hohe Zugfestigkeit besitzt, wie das umgebende Knochenmaterial. Ein zusätzlicher Effekt der Interferenzschraube ist die Verblockung des Zapfens im Knochentunnel. Für diese Wirkung ist die Kompressions-Festigkeit des Schraubenmaterials ausschlaggebend. Sogar bioresorbierbare Schrauben haben eine höhere Kompressionsfestigkeit als Knochen.

Für den VKB-Ersatz optimierte Schrauben und Instrumente.

Der Grossteil der gegenwärtig erhältlichen bioresorbierbaren Schrauben sind einfache Kopien von Metallschrauben. Die Oeffnung für den Schraubendreher hat im Querschnitt eine dreieckige oder sechseckige Form. Beim Eindrehen entstehen durch den Schraubendreher in der Schraube grosse Spannungen, welche in einer Metallschraube selten zu Problemen führen. "Konventionellen" bioreorbierbaren Schrauben werden diese Kräfte aber oft zum Verhängnis und sie zerbrechen schon vor dem vollständigen Einschrauben (Barber, Brown).

Durch optimale Anpassung der Form der bioresorbierbaren Schraube und dem entsprechenden Schraubendreher an Material und Funktion konnten diese Probleme bei der SYSORB-Schraube gelöst werden und unter normalen Umständen kommt es daher beim Eindrehen dieser Schrauben nicht mehr zum Schraubenbruch (Stahelin).

Bioresorption

Wegen der besseren primären Festigkeit ist das kristalline Poly (L-lactide) (PLLA), das heutzutage am häufigsten eingetzte bioresorbierbare Polymer geworden. Jedoch wurde in der letzten Zeit entdeckt, dass beim Menschen die in vivo Abbaurate beim kristallinen PLLA beträchtlich länger ist, als ursprünglich vermutet wurde (Böstman).

Resorbierbare kristalline Polymere zersetzen sich ungleichmässig. Die Abbauprodukte bestehen aus sich nur langsam weiter abbaubaren unlöslichen Kristalliten, die Gewebereaktionen verursachen und sich in den Lymphknoten ansammeln (Verheyen). Daher sollte man mit dem klinischen Einsatz dieser kristallinen Formen bioresorbierbarer Polymere zurückhaltend sein und ein amorphes Polymer bevorzugen (Andriano).

Das in der SYSORB-Schraube verwendete Poly (DL-lactide) (PDLLA) ist ein ähnliches Polymer wie PLLA, aber mechanisch etwas weniger widerstandsfähig. Es ist biologisch besser verträglich, da es in einer amorphen Form vorliegt und sich vollständig abbauen lässt. Der mechanische Nachteil des PDLLA konnte durch eine neuartige Schraubenform kompensiert werden. Damit ist auch bei der Verwendung des biologisch vorteilhafteren PDLLA das Risiko eines Schraubenbruchs praktisch ausgeschlossen.

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Most recent update February 12, 1996